Bücherberg-Rezension: Künstliche Intelligenz und echtes Leben (Christian Uhle, 2024)

Künstliche Intelligenz verändert unsere Welt. Nicht als neutrale, äussere Kraft, sondern als Teil unserer Gesellschaft – geformt durch menschliche Werte, Bedürfnisse und Machtverhältnisse.

KI schreibt keine eigene Geschichte. Wir sind es, die ihr eine Richtung geben. Doch während manche vor dieser Veränderung warnen und andere sie blind feiern, stellt Christian Uhle eine ganz andere Frage: Wie wollen wir mit KI leben?

In Künstliche Intelligenz und echtes Leben verbindet er Philosophie mit Technologie und blickt über das rein Technische hinaus. Es geht nicht darum, ob Maschinen intelligenter werden als wir. Sondern darum, wie wir als Menschen mit dieser neuen Entität umgehen – und welche Gesellschaft wir mit ihr gestalten wollen.

Das Buch ist keine dystopische Warnung und kein naiver Zukunftsoptimismus. Es ist eine Einladung, hinzuschauen, nachzudenken und aktiv zu werden.

Darum habe ich dieses Buch gelesen

Ich denke gerne nach. Ich hinterfrage. Ich gestalte. Zukunft soll nicht einfach passieren, sondern bewusst geformt werden.

KI betrifft uns alle – egal, ob wir sie aktiv nutzen oder ignorieren. Sie verändert, wie wir arbeiten, kommunizieren, Entscheidungen treffen. Mich interessiert nicht nur, was technisch möglich ist, sondern was diese Entwicklungen mit uns als Menschen machen.

Dieses Buch hat mich angesprochen, weil es eine tiefere Ebene eröffnet: Nicht nur die Funktionalität von KI steht im Fokus, sondern auch die Frage, was sie mit unserer Gesellschaft, unseren Beziehungen und unserem Sinnempfinden macht. Uhle verbindet technisches Wissen mit philosophischen Gedanken und gesellschaftlicher Reflexion – genau diese Kombination finde ich wertvoll.

Ich habe das Buch gelesen, weil ich in einer Welt leben will, die wir bewusst gestalten. In einer Welt, in der Technologie ein Werkzeug ist und nicht der bestimmende Faktor unserer Zukunft. Ich wollte Antworten, Anregungen und neue Perspektiven – und genau das habe ich gefunden.

Das nehme ich mit

  • Innovation muss sozial sein – nicht nur technologisch: KI allein macht die Welt nicht besser. Fortschritt ist erst dann sinnvoll, wenn er uns als Gesellschaft stärkt, unsere Beziehungen vertieft und echte Lebensqualität schafft. Die wichtigste Frage lautet: Wie nutzen wir Technologie, um ein gutes Miteinander zu fördern?

  • Leistungsdruck hinterfragen – “höher, schneller, besser” ist nicht die Lösung: Technologie soll uns entlasten, doch oft sorgt sie für das Gegenteil: mehr Tempo, mehr Erwartungen, mehr Stress. KI sollte nicht den Wettkampf verstärken, sondern uns helfen, anders zu arbeiten – mit mehr Menschlichkeit, Kreativität und Sinn. Die wertvollste Leistung ist nicht Effizienz, sondern ein Beitrag zu einer lebenswerten Welt.

  • Menschliche Fähigkeiten bewahren – Denken, Entscheiden, Fühlen: Wenn wir Entscheidungen an Algorithmen auslagern, verlieren wir mehr als Kontrolle: Wir riskieren, dass wir verlernen, selbst zu denken. Autonomie, Empathie und Kreativität sind keine „Extras“, sondern essenzielle Fähigkeiten, die wir aktiv pflegen müssen – für uns selbst und für eine demokratische Gesellschaft.

  • KI ist kein Schicksal – wir entscheiden selbst, wie wir sie nutzen: KI ist bereits tief in unserem Alltag verankert. Sie beeinflusst, wie wir arbeiten, kommunizieren und Entscheidungen treffen. Die Frage ist nicht mehr, ob KI kommt – sie ist längst da. Doch technologische Entwicklungen sind kein Naturereignis, das uns einfach passiert. Wir haben Gestaltungsspielraum. Lassen wir KI von Konzernen steuern, die vor allem Profitinteressen verfolgen? Oder setzen wir Rahmenbedingungen, die das Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellen? KI ist nicht neutral – und deshalb müssen wir aktiv mitentscheiden, wie sie unsere Gesellschaft prägt.

  • Zukunftsgestaltung ist kein Soloprojekt – wir müssen es gemeinsam tun: Die Zukunft wird nicht von Einzelnen bestimmt, sondern durch unser kollektives Handeln. Wenn wir KI-Entwicklungen einfach passiv hinnehmen, entscheiden andere für uns. Aber wenn wir uns zusammentun – in Politik, Unternehmen, Bildung und Gemeinschaften –, können wir Technologie so lenken, dass sie uns als Gesellschaft stärkt.

Ein Buch für dich?

Dieses Buch ist für alle, die sich nicht mit oberflächlichen Debatten über Künstliche Intelligenz zufriedengeben. Es ist kein Technik-Guide und auch kein Science-Fiction-Szenario, sondern eine tiefgehende Reflexion darüber, wie KI unsere Gesellschaft prägt – und wie wir darauf reagieren können.

Du solltest es lesen, wenn du …

  • Lust hast, die grossen Fragen zu stellen – nicht nur „Was kann KI?“, sondern „Wie verändert sie unser Menschsein?“

  • verstehen willst, warum KI nicht neutral ist und was das für Demokratie, Machtverhältnisse und soziale Gerechtigkeit bedeutet.

  • dich fragst, wie wir KI so gestalten können, dass sie uns unterstützt, statt uns zu entmündigen.

  • keine Angst hast, dein eigenes Denken herauszufordern – denn dieses Buch regt an, Perspektiven zu wechseln und das Offensichtliche zu hinterfragen.

Meine liebsten Textstellen

Wenn wir das WOZU wieder stärker in den Mittelpunkt stellen und Tools an sinnvollen Zielen ausrichten, werden wir den Begriff der ‘Innovation’ automatisch breiter denken. Es gibt nicht nur technologische, sondern auch soziale und strukturelle Innovationen.
— Christian Uhle, S.57
Digitale Technologien entfalten dort ihr grösstes Potenzial, wo sie das Analoge stärken.
— Christian Uhle, S.59
Unsere analoge Welt wird zunehmend digtial strukturiert. Digitalisierung findet nicht nur in dem Moment statt, in dem wir auf das Smartphone schauen.
— Christian Uhle, S.65
Wenn soziale KI von den besten Entwicklerinnen und Entwicklern der Welt so gestaltet wird, dass es ihr Ziel ist, Menschen emotional abhängig zu machen - dann wird dieses Ziel erreicht werden. Darum darf dies nicht das Ziel sein. Was heute bei Social Media erlaubt ist, darf nicht eine weiteres, noch viel krasseres Mal zugelassen werden.
— Christian Uhle, S.152
[Die] Fähigkeit, selbst nachzudenken, sich selbst eine Meinung zu bilden, selbst Entscheidungen zu treffen, sich zu hinterfragen und auf sich selbst zu vertrauen, [darf nicht auf der Strecke bleiben]. Sonst würde der Mensch zum unmündigen Wesen, die KI sein Vormund, der ihm Denken und Entscheiden abnimmt - das wäre in jeder Hinsicht dramatisch für unsere Gesellschaften, für unsere Demokratie, unsere Wirtschaft, unsere Beziehungen und unseren Lebenssinn.
— Christian Uhle, S.165
Diskurse, Gesellschaft, Wissensproduktion, Meinungsbildung – auf all diesen Feldern agieren nicht mehr nur Menschen. Es verändert sich nicht nur die Form menschlichen Zusammenlebens, sondern das Zusammenleben an sich ist kein rein menschliches mehr.
— Christian Uhle, S.176
Die konkrete Gefahr von KI ist kein UNFALL, bei dem die KI plötzlich aus dem Ruder läuft und sich gegen ihre Erschaffer wendet, sondern dass die KI genau das tut, wozu sie gemacht wurde – doch dies nicht das Wohl aller Menschen ist, sondern das Wohl einzelner Personen, Organisationen oder hegemonialer Nationen.
— Christian Uhle, S.181
Um den Blick für den Zauber des Lebens zu öffnen, um wirkliche Resonanz und Bedeutsamkeit zu erfahren, um die eigene Verbundenheit mit der Welt erfahrbar zu machen, um das gesellschaftliche Naturverhältnis auf eine gesündere Grundlage zu stellen – dafür brauchen wir vor allem soziale Innovationen und nicht unbedingt technologische.
— Christian Uhle, S.228
Was machen Menschen, wenn KI standardisierte, kognitive Aufgaben übernimmt? Die Antwort muss kein Wettbewerb sein um spektakuläre, einzigartige Leistungen. Die Antwort könnte auch lauten: mehr Menschlichkeit.
— Christian Uhle, S.267
KI [wird] vor allem dann zu einer guten Zukunft beitragen, wenn sie die Räume vergrössert, in denen nicht Technik dominiert, sondern Zwischenmenschlichkeit.
— Christian Uhle, S.276f

Was denkst du? Was macht dir Hoffnung oder Sorgen, wenn du an KI denkst? Wie siehst du deine eigene Rolle in dieser Zukunft? Lass es mich wissen!


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