Bücherberg-Rezension: Das 60% Potenzial. Mit Marketing die breite Masse für grünen Konsum begeistern (Gollnhofer & Pechmann, 2024)

Nachhaltiger Konsum? Für viele klingt das nach Verzicht und Nische. Aber was wäre, wenn wir die breite Masse – jene 60% der Konsument*innen, die grüne Produkte eigentlich gut finden, aber selten kaufen – für einen ökologischen Wandel gewinnen könnten?

Johanna Gollnhofer und Jan Pechmann zeigen in Das 60% Potenzial, wie Marketing und Kommunikation dabei helfen können, genau diese Zielgruppe anzusprechen. Sie sprechen von der „Attitude-Behavior Gap“ – dem Unterschied zwischen den Überzeugungen der Menschen und ihrem tatsächlichen Handeln. Viele Verbraucher*innen stehen grünen Werten positiv gegenüber, setzen sie aber im Alltag selten um. Das Buch zeigt, wie Unternehmen diese Lücke überbrücken können: durch attraktive Produkte, emotional ansprechende Botschaften und einfache Zugänglichkeit.

Die Kernidee des Buches: Nachhaltigkeit funktioniert nicht durch erhobene Zeigefinger oder moralische Appelle. Stattdessen braucht es kluges Marketing, das ökologisch sinnvoll ist und gleichzeitig wirtschaftlich überzeugt.

Darum habe ich dieses Buch gelesen

Als Kommunikationsberaterin und Texterin mit Interesse an nachhaltigen Themen beschäftigt mich die Frage, wie man mehr Menschen für umweltfreundlichen Konsum begeistern kann. Mich interessiert, welche Ansätze wirklich funktionieren und wie man nachhaltige Produkte aus der Nische heraus zu einem breiten Publikum bringen kann. Dieses Buch hat mich angesprochen, weil es verspricht, Marketing (und Kommunikation) nicht nur als Werkzeug, sondern als echten Hebel für Veränderung zu verstehen – mit Vorteilen für Unternehmen, Konsument*innen und die Umwelt.

Das nehme ich mit

  • Neue Markteinteilung: Basierend auf einer Kombination aus Einstellung und tatsächlichem Konsumverhalten teilen Grollnhofer und Pechmann den Markt in drei Gruppen ein:

    • Öko-Fans (15-20%): Grüne Einstellung, grünes Verhalten

    • Breite Masse (60%): Grüne Einstellung, kein grünes Verhalten.

    • Öko-Muffel (15-20%): Keine grüne Einstellung, kein grünes Verhalten.

  • Die 60% im Fokus: Die breite Masse will nachhaltig konsumieren. Es fehlt aber oft am einfachen Zugang, an Klarheit und an emotionaler Ansprache.

  • Nachhaltigkeit als Selbstverständlichkeit: Für die „60%“ gehört Nachhaltigkeit zum Standard – sie wird erwartet, ist aber selten der entscheidende Kaufgrund.

  • Emotionale Kommunikation schlägt rationale Argumente: Statt Verzichts- oder Faktenkommunikation wirken bei der breiten Masse (60%) Botschaften, die positive Gefühle und persönliche Vorteile vermitteln. Nachhaltigkeit sollte mitschwingen, aber der Hauptfokus muss auf dem Nutzen für die Kund*innen liegen.

  • Nachhaltigkeit neu denken: Für die breite Masse (60%) darf Nachhaltigkeit nicht nach Verzicht oder Pflicht klingen. Stattdessen sprechen sie auf individuelle Vorteile an – wie Komfort oder eine Verbesserung des Lebensstils.

  • Grüner Konsum für alle: Nachhaltige Produkte sollten für alle zugänglich sein – nicht nur preislich, sondern auch durch ansprechendes Design, einfache Verfügbarkeit und eine klare, verständliche Kommunikation.

Ein Buch für dich?

Dieses Buch ist ein wertvoller Leitfaden für Marketingprofis, Nachhaltigkeitsbeauftragte, CSR-Managerinnen und Unternehmerinnen, die nachhaltige Produkte breiter vermarkten wollen. Es bietet aber auch spannende Einblicke für alle, die sich mit der Frage beschäftigen, wie grüne Produkte den Sprung aus der Nische schaffen können – und was das über unsere Gesellschaft aussagt.

Meine liebsten Textstellen

Nachhaltige Produkte hängen in der Nische fest. Das ist nicht gut, weder für die Umwelt noch für den Umsatz.
— Gollnhofer & Pechmann, S.9
Regionalität ist nur die kleine Schwester der viel einflussreicheren Saisonalität. Die ist es, die wirklich zählt.
— Gollnhofer & Pechmann, S.67
Statt rational Angst zu machen, macht lieber Bock auf Nachhaltigkeit.
— Gollnhofer & Pechmann, S.109
Nachhaltigkeit darf kein Spass-Projekt sein, sondern es müssen schwarze Zahlen dahinterstehen.
— Gollnhofer & Pechmann, S.129
Vermarktungswissen ist der entscheidende Mehrwert für eine Nachhaltigkeitsstrategie.
— Rüdiger Vetter, in: Gollnhofer & Pechmann, S.142
Der Erfolg der Nische ist keine Blaupause für die Masse.
— Gollnhofer & Pechmann, S.207
Grüner Konsum kann attraktiv sein für die breite Masse, und die breite Masse macht grünen Konsum (finanziell) attraktiv für Unternehmen.
— Gollnhofer & Pechmann, S.215
Marketing der Zukunft darf nicht nur Mehrheitsbeschaffer für neue Produkte sein, sondern auch für neue Denk- und Verhaltensweisen.
— Gollnhofer & Pechmann, S.216

Was denkst du? Wie können wir nachhaltigen Konsum attraktiver machen? Was hält dich persönlich manchmal davon ab, grünere Entscheidungen zu treffen?  Ich freue mich auf deine Gedanken im Kommentarbereich!


Wenn dir diese Rezension gefallen hat, stöbere gerne weiter im Bücherberg-Blog – hier findest du viele inspirierende Bücher und Ideen für eine nachhaltigere und gerechtere Zukunft.

Zurück
Zurück

Bücherberg-Rezension: Künstliche Intelligenz und echtes Leben (Christian Uhle, 2024)

Weiter
Weiter

Doku-Tipp: „Mein Mann lebt als KI weiter“ – Wie künstliche Intelligenz unsere intimsten Beziehungen verändert