ZUSAMMEN: Warum wir für ein gutes Leben Verbündete brauchen – und wie wir sie finden (Ronja von Wurmb-Seibel, 2024)

Hast du dich in letzter Zeit einsam gefühlt? Oder kennst du jemanden, dem es so geht? Einsamkeit ist nicht nur ein persönliches, sondern ein gesellschaftliches Problem. Ronja von Wurmb-Seibel zeigt uns in ihrem neuen Buch, was wir – du und ich – dagegen unternehmen können. In meiner Bücherberg-Rezension erfährst du, warum ich dieses Buch für besonders wichtig halte und warum wir alle gut daran tun, uns stärker zu verbinden.

Darum geht es in diesem Buch

In ZUSAMMEN von Ronja von Wurmb-Seibel geht es um das Thema Einsamkeit und ihre weitreichenden Auswirkungen auf die Gesellschaft. Die Autorin beschreibt Einsamkeit nicht nur als individuelles Problem, sondern als eine Herausforderung, die tief in unseren gesellschaftlichen Strukturen verwurzelt ist. Dabei zeigt sie auf, wie wichtig Verbundenheit sowohl für den Einzelnen als auch für das Kollektiv ist.

Mit Geschichten und praktischen Tipps gibt das Buch Anregungen, wie jeder von uns aktiv daran arbeiten kann, Gemeinschaften zu bilden. Es ist ein Aufruf, Einsamkeit bewusst wahrzunehmen und sie als gesamtgesellschaftliches Thema zu betrachten, das eng mit demokratischen Strukturen verknüpft ist.

Darum habe ich dieses Buch gelesen

Ich habe ZUSAMMEN gelesen, weil das Thema Gemeinschaft und Verbundenheit mich sowohl beruflich als auch persönlich tief berührt. In meiner Arbeit als Kommunikations- und Sprachberaterin erlebe ich immer wieder, wie wichtig echte Verbindungen zwischen Menschen sind. Einsamkeit ist ein Thema, über das aktuell viel in den Medien berichtet wird. Die Zahlen sind erschreckend! Ich bin alarmiert und will wissen, wie wir als Gesellschaft gegen die neue „Volkskrankheit Einsamkeit“ vorgehen können.

Besonders spannend fand ich den Ansatz, Einsamkeit nicht nur als persönliches, sondern als gesellschaftliches Problem zu betrachten, das eng mit der Stabilität demokratischer Strukturen verknüpft ist. Menschen, die sich isoliert und unverstanden fühlen, sind anfälliger für Verschwörungstheorien, billigen häufiger politische Gewalt und neigen dazu, autoritäre Ideologien zu unterstützen. Verbundenheit ist daher eine Grundvoraussetzung für eine gesunde Demokratie. Deshalb ist es so wichtig, Gemeinschaften zu stärken und Menschen wieder in echte Beziehungen zu bringen. Genau das macht ZUSAMMEN – es zeigt auf, wie wir diesen Weg gemeinsam gehen und Einsamkeit aktiv bekämpfen können.

Darum solltest du dieses Buch lesen

Dieses Buch ist für dich, wenn Gemeinschaft bereits einen grossen Platz in deinem Leben einnimmt. Oder wenn du dich nach mehr Verbundenheit sehnst, aber nicht weisst, wo du anfangen sollst. Auch wenn du an politischen Entwicklungen zweifelst oder mit Sorgen in die Zukunft blickst, wirst du hier Inspiration finden. Wenn du hoffnungsvoll und zuversichtlich nach Wegen suchst, unsere Gesellschaft zu stärken, wird ZUSAMMEN für dich ein wertvoller Begleiter sein. Es ist ein aktivistisches Werk, das sich im Mantel eines Selbsthilfe-Ratgebers präsentiert – und genau darin liegt seine Kraft.

Das nehme ich mit

Unsere Gehirne verbinden sich – wirklich!

Wenn wir uns unterhalten, synchronisieren sich unsere Gehirnwellen. Je besser der Austausch, desto ähnlicher werden die Gehirnaktivitäten.

Einsamkeit ist ein gesellschaftliches Problem.

Menschen, die sich einsam, unverbunden und unverstanden fühlen, glauben eher Verschwörungsgeschichten, billigen eher politische Gewalt und stimmen eher autoritären Haltungen zu. Für die Demokratie ist Verbundenheit zentral. In einer deutschen Studie zum Thema Einsamkeit bei Jugendlichen wurden 16- bis 23-Jährige befragt: 55 Prozent fühlen sich manchmal oder immer einsam. Nur 57 Prozent der Jugendlichen empfinden die Demokratie als beste Staatsform…

Wir können besser zusammenarbeiten, wenn wir Dinge synchron machen.

Jede Form von synchronem Verhalten oder synchronen Bewegungen hilft, zueinanderzufinden. Wir bewegen uns dadurch von einer Ich-Perspektive zu einer Wir-Perspektive.

Einsamkeit betrifft uns alle!

Einsamkeit ist die neue soziale Frage unserer Zeit. 2023 fühlen sich 25 Prozent (!) der Menschen in Deutschland “sehr einsam” (!) (Quelle: Deutschland-Barometer Depression). Seit der Pandemie hat sich Einsamkeit verdoppelt! Auch wenn wir selbst nicht zu den 25 Prozent gehören – die Chance, dass es jemand aus unserem Bekannten- und Familienkreis tut, ist sehr gross. Während ich das Buch ZUSAMMEN lese, wird eine neue Studie veröffentlicht: In der Schweiz sind rund 90'000 Menschen über 85 Jahren einsam. Das sind 37 Prozent (!) in dieser Altersgruppe. Bedenke: Jede*r, in jedem Alter kann einsam sein!

Wir müssen sozialen Beziehungen Priorität einräumen. Unser Leben hängt davon ab.

Eine Metastudie aus dem Jahr 2010 zeigt: Soziale Beziehungen steigern die Lebenserwartung um mehr als 50 Prozent. Fehlen sie, lässt sich das statistisch mit den Folgen von Nikotinabhängigkeit oder einer Krebserkrankung vergleichen.

Unsere Beziehungen sind in uns lebendig.

Schon allein, wenn wir an einen Menschen denken, der uns wichtig ist, werden Hormonen und anderen Botenstoffe ausgeschüttet und im ganzen Körpersystem verteilt.

Anderen mit mehr Sinnen begegnen.

Nur offline können wir wirklich connecten und zueinanderfinden. Weil wir uns im persönlichen Austausch mit allen Sinnen begegnen können.

Tipps gegen Einsamkeit

  1. Schuhe anziehen. Haustür öffnen. Rausgehen.

  2. Namen aller Nachbar*innen herausfinden. Fragen – nicht auf die Klingelschilder schielen!

  3. Um Hilfe bitten oder Hilfe anbieten.

  4. Ein Ehrenamt starten.

  5. Fremde Menschen anlächeln.

  6. Fotos von früher an alte Freund*innen schicken.

  7. Beim Verabschieden von Personen, die dir wichtig sind, einen Termin fürs nächste Treffen ausmachen.

Gemeinschaft beginnt, wenn zwei Leute anfangen, sich umeinander zu kümmern.

Niemand kann die Einsamkeit eines anderen Menschen wegwischen. Aber man kann andere in seine Einsamkeit hineinlassen. Dann wird aus ihr Gemeinschaft.

Verbundenheit ist ein grosser Gewinn – für mich, dich, uns, die Gesellschaft!

Wenn du dich mit anderen verbindet, tust du nicht nur dir selber etwas Gutes, sondern auch deinen Mitmenschen, unserer Gesellschaft, unserer Demokratie und allem freiheitlichen Leben.

An diese Menschen habe ich beim Lesen gedacht

  • an die Dorfpionier*innen vom Webergut – Allen voran an die engagierten Menschen im Kreis Communitybuilding.

  • an Manuel Bürli und sein Buchprojekt über Community Branding.

 

Meine liebsten Textstellen

[Wir brauchen Geschichten], die uns zeigen, dass gesellschaftlicher Wandel keine Einzelarbeit ist, es niemals sein kann. Die uns zeigen, dass wir am besten Mensch sind, wenn wir Menschen sind – mehrere und nicht allein.
— Ronja von Wurmb-Seibel, S. 195
Ob wir [die Zukunft, wie wir sie uns wünschen] jemals erreichen werden, eines fernen Tages? Wer weiss? Ich glaube, die Antwort ist gar nicht so wichtig. Wenn wir unsere Visionen vor Augen haben, liegt die Zukunft immer auch ein bisschen in der Gegenwart.
— Ronja von Wurmb-Seibel, S. 18
[Einsamkeit heisst nicht], dass etwas mit uns nicht stimmt, sondern [ist] ein Signal, das uns zum Handeln auffordert. Wenn unser Magen knurrt und wir merken, dass wir hungrig sind, gehen wir in die Küche und öffnen den Kühlschrank. Aber was tun wir, wenn es in unserer Seele rumort und wir bemerken, das wir uns einsam fühlen?
— Ronja von Wurmb-Seibel, S. 76
Als wären unsere zwei Häuser und der Innenhof dazwischen nicht mehr nur ein Gebäude, sondern ein Ort, an dem Menschen zusammenwohnen. Unser Haus lebt jetzt. Und hinter jeder Tür schlagen laut ein, zwei, drei Herzen.
— Ronja von Wurmb-Seibel, S. 162
Oft sind die Dinge, die wir in unserem Leben vermissen, Dinge, die auch anderen fehlen.
— Mia Birdsong (in: ZUSAMMEN, S. 173)
[...] Gemeinschaften aufzubauen, [ist] eine der wichtigsten, grosszügigsten und kreativsten Tätigkeiten, die ein Mensch sich vornehmen kann.
— Radha Agrawal (in: ZUSAMMEN, S. 200)

Lass uns Einsamkeit gemeinsam bekämpfen, indem wir Verbundenheit aktiv leben. Wer ist die nächste Person, der du heute dein Lächeln schenken wirst?


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